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Wohnbedürfnisse

3. Wohnbedürfnisse

„Der Grundsatz der Menschenwürde enthält den Anspruch, Lebensverhältnisse herzustellen, in denen ein Mensch auch im Alter Mensch bleiben kann.“ (Simone de Beauvoir)

Alte Menschen haben keine grundsätzlich anderen Wohnbedürfnisse als Jüngere, aber alte Menschen sind aufgrund ihrer häufig eingeschränkten Mobilität und ihres Handlungsradius stärker auf die eigene Wohnung und das unmittelbare Wohnumfeld angewiesen. Im Allgemeinen sagt man, dass Menschen im Rentenalter etwa 4/5 des Tages10 in der eigenen Wohnung verbringen. Einige Untersuchungen gehen sogar noch weiter: In Privatwohnungen lebende ältere Menschen verbringen durchschnittlich nur ca. 2 ½ Stunden des Tages nicht in ihren Wohnungen.

Nicht nur Wohnung, sondern auch das unmittelbare Wohnumfeld inkl. der Nachbarschaft werden im Alter wichtiger. In der Lebensphase des Alters treten die alltägliche Umwelt und die Wohnung in den Vordergrund. Der Wunsch, so lange wie möglich in der bisherigen Wohnung oder wenigstens in der vertrauten Umgebung bleiben zu wollen, ist groß. Bekannt ist, dass die Grenzen des eigenen Lebensraums mit zunehmenden Alter enger gezogen sind und die Wohnung und das wohnortnahe Umfeld zu den wichtigsten Lebens- und Aufenthaltsorten älterer Menschen zählen. Die Hinwendung zur eigenen Wohnung ist hauptsächlich durch Krankheiten, Bewegungseinschränkungen sowie von sensorischen und seelisch-geistigen Funktionsverlusten geprägt.

3.1 Die altengerechte Wohnung 

Laut KDA (Kuratorium Deutsche Altershilfe) leben 93 % der über 65 jährigen Menschen in ihrer herkömmlichen, vertrauten Wohnung und möchten dort auch so lange wie möglich bleiben. Auch in Zukunft wird der Wunsch bestehen, so lange wie möglich, unter Wahrung der größtmöglichen Selbständigkeit, in den eigenen vier Wänden wohnen zu bleiben.

Mit Wohnen sind Erlebnisse und Erfahrungen verbunden, die im Laufe des Lebens wachsen und im Alter zu Erinnerungen werden. Aus der Lebenssituation alter Menschen lassen sich schließlich besondere Wohnbedürfnisse für diese Lebensphase ableiten, die sich in ihren Schwerpunkten teilweise von den Wohnbedürfnissen jüngerer Menschen unterscheiden. Die begrenzten wirtschaftlichen Möglichkeiten der meisten alten Menschen verlangen nach kostengünstigem Wohnraum.

Die Ein-Zimmer-Wohnungen werden zunehmend nicht mehr akzeptiert. Stattdessen wäre die Zwei-Zimmer-Wohnung als Standard für alle Altenwohnungen wünschenswert. Die durchschnittliche Größe geförderter Altenwohnungen liegt in Dänemark bei 68 m² und in den Niederlanden wird schon seit einigen Jahren die Drei-Zimmer-Wohnung mit ca. 70 m² als Standardlösung für den Wohnungsbau empfohlen. Wichtig ist auch die Lage der Räume zueinander, damit der Bewohner keine langen Wege zurücklegen muss.

Bei der ganzen Betrachtung der Wohnbedürfnisse ist weiterhin zu beachten, dass diese sich weiter ändern werden. Ansprüche an Größe und Ausstattung der Wohnung fallen umso höher aus, je jünger die Befragten sind. Zukünftige Altengenerationen stellen höhere Ansprüche an ihren Wohnkomfort und werden ihre Wohnwünsche stärker einklagen als die heutigen Alten.

Angesichts des zunehmenden Verlustes früherer Aufgaben besteht der Wunsch, wenigstens den eigenen Haushalt so lange wie möglich selbstbestimmt zu führen und als „Aufgabe“ zu erhalten.

3.2 Das altengerechte Wohnumfeld

Die Begegnung mit anderen Menschen, die Möglichkeit, ab und zu etwas Neues zu sehen, körperliche Bewegung im Freien, selbst über den eigenen Aufenthaltsort bestimmen zu können und nicht abhängig von fremder Hilfe zu sein, sind entscheidende Punkte. Gerade für Ältere beschränkt sich Wohnen nicht nur auf den abgeschlossenen familiären Bereich oder auf die individuelle Wohnung. Mit abnehmender Haushaltsgröße werden soziale Kontakte mit der Hausgemeinschaft oder Nachbarschaft wichtiger, ebenso ein bedürfnisgerechtes Wohnumfeld. Das Wohnumfeld ist für ältere Menschen von besonderer Bedeutung, da mit zunehmendem Alter die Mobilität ab- und die „Umweltabhängigkeit“ zunimmt. Die Aktionsräume älterer Menschen sind kleiner als diejenigen jüngerer, noch im Berufsleben oder mit der Kindererziehung befasster Personen.

Wohnungsnahe Dienstleistungen, barrierefreie Zugangsmöglichkeiten zu öffentlichen Einrichtungen und Verkehrsmitteln, eine gute Verkehrsinfrastruktur und quartiersbezogene Versorgungs-, Freizeit und Kulturangebote sind besonderers wichtig. Aus diesem Grund sollten die Standorte des Altenwohnens nicht auf der „grünen Wiese“ sein, sondern in gewachsenen, angemessen verdichteten Wohnmischgebieten. Eine ortnahe, zentrale Lage erhält und fördert die Selbständigkeit. Trotzdem besteht das Bedürfnis nach leichter Erreichbarkeit von Naherholungsgebieten oder Grünzonen.

Aus der Gefahr der Isolation durch Berufsaufgabe und sinkender Mobilität folgt das Bedürfnis nach sozialer Einbeziehung, Kontakten und Aktivitäten im Wohnbereich. Angemessene Wohnungen für alte Menschen sollten nicht in anonymen Wohnanlagen errichtet sein, da sie soziale Isolierung fördern. Altengerechte Wohnungen sollten in überschaubaren Hausgemeinschaften mit kommunikativem Nachbarschaftsklima entstehen. Zu wissen, wer im Haus ein- und ausgeht, vermittelt ein Gefühl von Sicherheit und wenn man sich gegenseitig kennt, fällt es leichter im Bedarfsfall um kleine Gefälligkeiten oder im Notfall um Hilfe zu bitten. Das selbständige Wohnen in der eigenen Wohnung kann länger aufrecht erhalten werden, wenn man weiß, dass mögliche Hilfspersonen in der Nähe sind.Über den engeren Wohnbereich hinaus sollte auch das Wohnungsumfeld Möglichkeiten zu nachbarlichen Kontakten und Anregungen zu Aktivitäten bieten. Der notwendige Gang des Einkaufens ist eine der wichtigsten Möglichkeiten unverbindlich unter Leute zu kommen, Nachbarn zu treffen und einen „Klönschnack“ zu halten.

3.3 Das „Lebenslaufbauen”

Unsere Wohnungen werden vielfach den Bedürfnissen der Menschen, die darin leben, nicht gerecht. Es geht beim Planen, Bauen und Wohnen nicht um „alten-, kinder- oder behindertengerecht“: Vor dem Hintergrund der Individualität müssen diese Begriffe kritisch hinterfragt werden. Deshalb sollten wir Architekten bei der Planung zukünftiger Lebensräume bedenken, dass die Wohnungen in allen Lebensphasen genutzt werden können. Voraussetzung ist die Schaffung von unterschiedlichen Wohnungsgrößen mit nutzungsneutralen Grundrissen, die geeignet sind, sich den wechselnden Bedürfnisse im Laufe der Biographie einzelner Menschen anzupassen. Barrierefreies Wohnen ist nicht nur für alte Menschen wichtig, auch jüngere Menschen in unterschiedlichen Lebenssituationen und Kinder könnten davon profitieren.

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10 Kuratorium deutsche Altershilfe

 

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